Ein klimaneutraler Gebäudesektor ist entscheidend, damit Deutschland seine Klimaziele einhält. Eine ambitionierte und sozial gerechte Sanierungsstrategie sowie die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung bringt Deutschland auf Kurs – davon profitieren Gesellschaft, Wirtschaft und Klima.
Unter Beteiligung von Bundesbau- und Bundeswirtschaftsministerium fand heute ein von der Gebäude-Allianz, einem breiten Bündnis aus Umwelt-, Industrie-, Verbraucher- und Wohlfahrtsverbänden, organisierter Sanierungsgipfel statt. Die Spitzenvertreter*innen von 15 Verbänden diskutierten mit den Staatssekretären Dr. Rolf Bösinger (BMWSB) und Dr. Philipp Nimmermann (BMWK) die dringend notwendige Sanierungsoffensive.
Die Verbände stellten ein Factsheet vor, das die vielfältigen Potenziale energetischer Sanierungen herausstellt. So können Eigentümer*innen und Mieter*innen durch einen geringeren Energieverbrauch sparen, Vermieter*innen sichern langfristig den Wert ihrer Immobilien. Die Wirtschaft profitiert von Investitionen, die Volkswirtschaft von geringeren Klimafolgekosten und das Klima von sinkenden Emissionen.
Olaf Bandt, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland betont: „Die Klimakrise schreitet voran. Eine Kurskorrektur beim Klimaschutz bei Gebäuden ist dringend nötig, möglich – und zahlt sich aus. Worauf wartet die Ampel noch? Wir brauchen eine wirksame und sozial gerechte Sanierungsoffensive, angefangen bei den Gebäuden, die besonders viel Energie verbrauchen. Die Sanierungsquote muss rauf, der Energieverbrauch runter. Die EU-Gebäuderichtlinie muss dafür zügig und ambitioniert umgesetzt werden. Die Gebäude in Deutschland müssen zukunftssicher werden. Das kurbelt auch die deutsche Wirtschaft an.”
Was es dafür jetzt braucht, beschreibt Christian Noll, Geschäftsführer der Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz: “Die Lösungen für die Gebäudeenergiewende sind längst da. Aber um sie umzusetzen, brauchen Wirtschaft und Immobilienhalter Planungssicherheit. Nur mit verlässlichen Rahmenbedingungen können sie investieren, Kapazitäten planen und Innovationen vorantreiben. Ein kluger Mix aus Mindeststandards und gezielter Förderung ist der Schlüssel, um die Gebäudeeffizienz effektiv zu steigern.”
Zur Frage der gesellschaftlichen Vorteile führt Dr. Melanie Weber-Moritz, Bundesdirektorin des Deutschen Mieterbunds, aus: „Um sowohl bezahlbares Wohnen als auch die Klimaziele im Gebäudebestand zu erreichen, müssen die energetisch schlechten Gebäude sozialverträglich saniert werden. Wichtig für Mieterinnen und Mieter ist, dass energetische Sanierungen keine höhere Warmmiete zur Folge haben. Damit dies garantiert werden kann, brauchen wir endlich eine mieterfreundliche Überarbeitung der Modernisierungsumlage.“
Eva Maria Welskopp-Deffaa, Präsidentin des Deutschen Caritasverbands, stellt fest: „Viele Menschen verbringen viele Stunden ihres Alltags in öffentlichen Gebäuden – in Kitas und Schulen, in Seniorenheimen, Jugendhilfeeinrichtungen und Einrichtungen für Menschen mit Behinderung. Wer über klimafreundliche Gebäudesanierung nachdenkt, muss bei diesen Gebäuden beginnen. Hier erreicht jeder investierte Euro Menschen, die unter Hitze und Kälte besonders leiden – Kinder und Alte, Menschen mit besonderen Bedarfen. Es überfordert die gemeinnützigen Träger der Freien Wohlfahrtspflege ebenso wie die Kommunen, wenn sie bei der klimagerechten Gebäudesanierung auf sich selbst gestellt bleiben, denn zahlreiche Gebäude sind alt und nur mit erheblichem Aufwand an die neuen Hitzerekorde mitteleuropäischer Sommer anzupassen. Wir erwarten von der Klimasozialpolitik der Bundesregierung, dass sie bei der Gebäudesubstanz der sozialen Infrastruktur Prioritäten setzt.“
Das Verbändepapier zum Sanierungsgipfel finden Sie hier: www.NABU.de/sanierungsforderungen
Die dargestellten Zahlen und Daten basieren auf einem im Auftrag der Gebäude-Allianz erstellten Factsheet des FÖS. Dieses finden Sie hier: www.NABU.de/sanierungundvolkswirtschaft
Hintergrund EU-Gebäuderichtlinie (EPBD):
Im April wurde die Europäische Gebäuderichtlinie (EPBD) final beschlossen. Die Richtlinie soll zum Erreichen der Klimaziele und zur Bekämpfung von Energiearmut beitragen. Sie wurde im Laufe der Verhandlungen stark aufgeweicht. Damit hängt die Wirksamkeit der Richtlinie nun enorm von der nationalen Ausgestaltung ab.
Eine besondere Rolle spielen darin die Mindesteffizienzstandards für Bestandsgebäude (MEPS). Darin werden Fristen vorgegeben, bis zu denen Nichtwohngebäude (NWG) einen bestimmten Effizienz-Schwellenwert erreichen müssen. Dies betrifft 16 Prozent der ineffizientesten NWG ab 2030, weitere zehn Prozent ab 2033. Für Wohngebäude sind Ziele über den gesamten Bestand hinweg vorgesehen, um den Primärenergieverbrauch zu senken: bis 2030 um mindestens 16 Prozent und bis 2035 um mindestens 20-22 Prozent gegenüber 2020. Alle fünf Jahre sind neue Zwischenziele festzulegen. Etwas mehr als die Hälfte (55 Prozent) dieser Einsparungen muss in Wohngebäuden mit der schlechtesten Effizienz erreicht werden, darunter werden die 43 Prozent ineffizientesten Gebäude definiert. Darüber hinaus gibt es Regelungen, um für eine sozialverträgliche Ausgestaltung der Sanierungsoffensive zu sorgen, sogenannte „social safeguards“, sie beziehen sich sowohl auf die gezielte Unterstützung von Eigentümer*innen als auch auf den Schutz von Mietenden vor einem Anstieg der Wohnkosten durch Sanierungen.
Die Bundesregierung hat nun zwei Jahre Zeit, um die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Bis zum 31. Dezember 2025 muss bereits der Entwurf eines nationalen Sanierungsfahrplans an die Kommission gesandt werden.
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